Kunstplatz Tittmoning
Ist in Tittmoning der Jugendwahn ausgebrochen? forever young haben sich die Tittmoninger KünstlerInnen für ihre dritte Biennale, den Kunstplatz Tittmoning 2018, als Untertitel ausgewählt. Ist es die Selbsttäuschung oder der ewige Geist der Provokation, welcher der Kunst schon immer innewohnt, der die meist schon von zartem Grau geschmückten Kreativhäupter dazu veranlasste? Es ist wohl zum einen die Fähigkeit der Jugend, alles in Frage zu stellen, die zu dem Motto inspiriert hat, wie zum anderen der augenzwinkernde Blick auf die eigene Vergangenheit.
Als "Location" für die Ausstellung der bildenden Künstler, die Musikveranstaltungen, eine Lesung und eine Soundinstallation haben sich die Akteure des Kunstplatz Tittmoning 2018 nach dem ehemaligen Penny im Jahre 2014 und dem ehemaligen Schlecker 2016 diesmal eine nun verlassene Produktionshalle (50m mal 12m) der Fa. Brückner vor den Toren der Stadt ausgesucht.
Kein Bob Dylan aber Bavaro-Indiepop mit den Lischkaschwestern und der Lischkapelle, kein Alphaville aber
Cappuccino-Jazzband um den Tittmoninger Jazzsaxophonisten, Komponisten und Arrangeur Robert v. Siemens,
die sich neben Eigenkompositionen mit einem neuen Bläsersatz auf die Spuren von Art Blakeys Jazzmessengers begeben hat, und wieder singt
Karin Lischka.
Als musikalischer Höhepunkt wird an zwei Abenden Duke Ellingtons "Sacred Concert" für Chor, Bigband, Solisten und
Steptänzer aufgeführt. Dafür haben sich ca. dreißig Sängerinnen und Sänger verschiedener Chöre aus Stadt und Umgebung unter der Leitung
von Karin Lischka zusammengefunden, um gemeinsam mit der Big-Band Burghausen unter der Leitung von
Michael Keul dieses selten gespielte Großwerk des Jazztitanen Duke Ellington aufzuführen. Den Solopart singt
Alma Naidu, dazu steppt Kurt Albert aus Heidelberg.
Und wo Vergangenheit, da auch Nostalgie: Am Eröffnungsabend lädt nach der einleitenden kabarettistischen Programm-Vorschau von
Silvia Menzel und Christopher Luber, diesmal als Feldlerche und Kiebitz, das Tango-Quartett
"Bravo Buenosayres Milongueros" um den Tittmoninger Geiger Thomas Breitsameter und den
argentinischen Bandoneonspieler Facundo Barreyra zu einer Milonga.
Wo Vergangenheit, dort auch Abgründe: Für das Hörspiel "Sie sprechen mit der Stasi" haben Andreas Ammer
und der in Tittmoning ansässige FM Einheit das Tonbandarchiv der Stasi durchforstet und mit den Original-Aufnahmen
eine eindrucksvolle Ton-Dokumentation des Totalitarismus geschaffen. FM Einheit wird das preisgekrönte Hörspiel
an einem der Abende in einer Soundinstallation präsentieren.
"ja wås glaubz denn es?" fragt der an der neuen bairischen Literatur erheblich mitschuldige Tittmoninger Poet
Josef Wittmann das Publikum. In seiner bairischen Radikalpoesie wird er den Zuhörer*inne*n einiges um die Ohren hauen.
Ein Abend wie Sie Poesie noch nicht erlebt haben.
Und wenn die Männer dann doch in die Jahre kommen, müssen sie durch die Midlife-Crisis. Die Tittmoningerin Petra Sinzinger
spielt in der Komödie von Michèle Bernier und Marie Pascale Osterrieth "Männer und andere Irrtümer" das weibliche
Gegenstück bzw. die Retourkutsche zu dem Bühnenrenner "Caveman".
Zentral am ersten Sonntag ist diesmal ein Abend den bildenden Künstlern gewidmet. In einem "Fest der Sinne" wird Josef Wittmann die Besucher launig pointiert durch das Reich der Bilder und Installationen der Künstler führen, die da sind: Thomas Herbig, Inge Kurtz, Petra Liebl-Osborne, Silvia Menzel, Wolfgang C. Mock, Agelinde Scholl, Rolf Seiffert, Susanne v. Siemens, Ingrid Vehring, Luise Wittmann und Veronika Wittmann. Dazu werden feine Speisen gereicht.